GRK 1694: Elementary Particle Physics at Highest Energy and highest Precision

Teilchen-Astrophysik

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Teilchen-Astrophysik

Die Arbeiten zu diesem Forschungsthema sind zwischen Teilchenphysik, Astrophysik und Kosmologie angesiedelt. Hierbei sind die Gruppen des Instituts für Experimentelle Kernphysik an zwei Experimenten zur kosmischen Strahlung beteiligt, nämlich dem KASCADE-Experiment auf dem Gelände des Forschungszentrums Karlsruhe und dem Pierre Auger Experiment in Argentinien.

Die physikalischen Fragestellungen reichen von der Untersuchung der Materie und Energieverteilungen im Kosmos einschließlich der Problematik der dunklen Materie über die Beschreibung des frühen Universums im Rahmen von „Grand Unified Theories“ bis hin zu spekulativen Ideen wie topologische Defekte und Sphaleronen. Die Themen stehen im Zusammenhang mit den Forschungen sowohl in den theoretischen Instituten als auch in den anderen Bereichen der experimentellen Kern- und Teilchenphysik.

Das Forschungsprogramm zur kosmischen Strahlung konzentriert sich auf zwei Energiebereiche. Zum einen wird die Strahlung am sogenannten „Knie“ (d.h. Energien $E$ der Primärteilchen im Bereich $$10^{14} < E < 10^{17} eV$$) mit KASKADE, zum anderen bei höchsten Energien ($$E > 10^{20} eV$$) mit AUGER untersucht.

Kosmische Strahlung am "Knie" (KASCADE)

Das KASCADE-Experiment wird auf dem Gelände des Forschungszentrums Karlsruhe betrieben und zeichnet mit ständig erweitertem Aufbau seit 1996 kontinuierlich Luftschauerdaten auf. Die $$200 \times 200 m^2$$ große Multidetektoranlage ist optimiert auf den Nachweis kosmischer Primärteilchen im astrophysikalisch interessanten Energiebereich $$10^{14} eV < E < 10^{17} eV$$. Bei $$E ~ 4 \times 10^{15} eV$$ wird eine markante Struktur, das sogenannte „Knie“, im Energiespektrum beobachtet. Die Ursache hierfür ist bis heute ungeklärt; es wird aber vermutet, daß das Knie entweder die Maximalenergie galaktischer Teilchenbeschleuniger (vermutlich Supernovae-Überreste) markiert und/oder oberhalb des Knies zunehmend Teilchen aus der Galaxis entweichen. Die Schlüsselgrößen zur experimentellen überprüfung dieser Hypothesen liegen in der Bestimmung der Elementzusammensetzung der Primärstrahlung in Abhängigkeit ihrer Energie und in der Bestimmung möglicher Richtungsanisotropien bezüglich der galaktischen Ebene.

Die bisherigen Meßergebnisse lassen nur durch eine zunehmend schwerer werdende Massenzusammensetzung oberhalb des Knies erklären. Verschiedene vorläufige Analysen deuten außerdem daraufhin, daß das Knie im Primärspektrum nahezu vollständig von leichten Primärteilchen (Protonen und Heliumkernen) verursacht wird. Die schwere Massengruppe (Eisen) zeigt dagegen bis zu Energien von etwa $$5 \times 10^{16} eV$$ keine vergleichbare Struktur. In konventionellen Modellen der Teilchenbeschleunigung sollte diese bei gleicher Rigidität, d.h. 26-facher Energie (~ 1017 eV) auftreten. Dieser „Schlüsselbeweis“ soll nun im Rahmen eines erweiterten Experiments mit italienischer Beteiligung auf einer $$0.5 km^2$$ großen Meßfläche und mit einem Meßbereich bis über $$5\times 10^{17} eV$$ erbracht werden. Die Aufbauarbeiten hierzu haben gerade begonnen.

Ein weiterer Teil des wissenschaftlichen Programms beschäftigt sich mit Fragen der hadronischen Wechselwirkung bei hohen Energien. KASCADE kann mit seinem großflächigen hochauflösenden Hadronen-Kalorimeter auch hier wichtige Beiträge leisten. Die enge Kooperation mit den am GK beteiligten Wissenschaftlern des CDF-Experiments und mit den Theoriegruppen werden die Verbesserung der hadronischen Wechselwirkungsmodelle maßgeblich beschleunigen.

Kosmische Strahlung bei höchsten Energien (AUGER)

Die höchstenergetischen jemals auf der Erde beobachteten Teilchen haben Energien von über $$10^{20} eV$$. Für diese gibt es bisher keine allgemein akzeptierte Erklärung; genügend leistungsfähige Quellen wie Jets aus extrem energiereichen Kernen aktiver Galaxien befinden in so großen Entfernungen (> 200 Mpc), daß sie von Protonen, Neutronen und Kernen aufgrund ihrer resonanten Wechselwirkung mit der 3K-Hintergrundstrahlung nicht mehr überwunden werden können (Greisen-Zatsepin-Kuzmin (GZK) Effekt). Zur Erklärung der bislang nachgeweisenen 13 Ereignisse mit $$E > 10^{20} eV$$ sind deshalb viele spekulative Ansätze diskutiert worden, z.B. Modelle, die versuchen, den Transport über große Distanzen durch extrem hochenergetische Neutrinos, durch die Annahme schwerer exotischer Teilchen (z.B. im Rahmen von SUSY-Modellen) oder durch eine mögliche Verletzung der Lorentz-Invarianz zu erklären. Die hierbei zu berücksichtigende Wechselwirkung mit 2K Hintergrundneutrinos, oder auch die Verbindung zur Quantengravitation und dem CPT Theorem stellen vielversprechende Themen für theoretische Untersuchungen dar. Neuartige Quellen an beliebigen Orten im Universum werden im Rahmen sogenannter „Top-Down“ Modelle diskutiert. Topologische Defekte aus Phasenübergängen des frühen Universums strahlen hierbei kaskadenartig die beobachteten Teilchen ab. Relikte dieser Art können unter bestimmten Voraussetzungen im Halo der Galaxis angereichert sein und so maßgeblich zur dunklen Materie beitragen.

Das Pierre Auger Experiment soll die erforderlichen Daten zur Klärung dieser Fragen in wenigen Jahren bereit stellen. Eine Hybrid-Detektoranlage aus Bodendetektoren und Fluoreszenzteleskopen soll Luftschauer in der Provinz Mendoza (Argentinien) auf einer Fläche von 3000 km2 nachweisen. Eine Arbeitsgruppe des EKP und zwei Gruppen des FZK beteiligen sich maßgeblich am Aufbau der Fluoreszenzteleskope. Erste Meßdaten werden bereits ab 2001 zur Verfügung stehen.

Die Zusammenarbeit und die Erfahrungen aus Messungen mit KASCADE werden sich bei der Datenanalyse als sehr nützlich erweisen. Die Interpretation der Daten mit ihren engen Bezügen zur Hochenergiephysik, zur Suche nach supersymmetrischen Teilchen an Beschleunigern, sowie der Bezug zu den verschiedenen kosmologischen Fragestellungen und zu Phasenübergängen des frühen Universums wird von der Zusammenarbeit im beantragten Graduiertenkollegs profitieren.

AMS-02 Experiment

Das AMS-02-Experiment ist ein moderner Teilchendetektor, der ab dem Jahre 2010 für einen Zeitraum von 10 Jahren auf der ISS die Zusammensetzung der kosmischen Höhenstrahlung vermessen wird. Durch den Absturz des Space Shuttles Columbia im Jahre 2003 hat sich der ursprüngliche Starttermin von 2003 auf 2010 verschoben. Nach gegenwärtiger Planung der NASA soll AMS-02 im November 2010 mit der Mission STS-134 zur Internationalen Raumstation gebracht werden.

AMS-02 wird die Spektren der kosmische Strahlung bis im TeV Bereich und die Zusammensetzung bis Eisenkerne untersuchen. Diese Daten werden es ermöglichen, die Propagationsmechanismen von geladenen Teilchen in der Milchstraße besser zu verstehen und damit den Schlüssel liefern, um mit großer Genauigkeit nach den Annihilationsprodukten von Dunkler Materie zu suchen. Im Rahmen von supersymmetrischen Modellen oder von Kaluza-Klein-Theorien werden Anomalien in den Energiespektren von Positronen, Antiproton und Photonen vorhergesagt, die mit AMS-02 möglicherweise nachgewiesen werden könnten.

AMS wird von einer internationalen Kollaboration, die 500 Physiker aus 56 Forschungsinstituten aus 16 Ländern umfasst, in enger Zusammenarbeit mit der NASA gebaut. Das Projekt wird vom Nobelpreisträger Prof. Ting vom Massachusetts Institute of Technology geleitet. In Deutschland sind das I. Physikalische Institut der RWTH Aachen und das Institut für Experimentelle Kernphysik des Karlsruher Instituts für Technologie an dem Experiment beteiligt. Die Forschungsarbeiten werden in Deutschland durch das DLR gefördert.